Über die zweite (etwas gekürzte) Inszenierung der Oper "Idiot" von Mieczysław Weinberg nach Dostojewski, die am 24.1.2015 in Oldenburg ihre Premiere fand, schrieb ich wieder in russischer Sprache für die "Vedomosti". Der Artikel ist am 26.1.2015 erschienen. Der ursprüngliche Titel war für die Zeitungsseite zu lang: "Den Fürsten Myschkin fröstelt es in der Seifenoper".
Князю Мышкину
зябко в мыльной опере
Десятилетиями его не замечали,
теперь Вайнберг должен затмить Шостаковича. Маятник посмертной славы
колеблется. Но еще не в России.
«Идиот» Мечислава
Вайнберга пришелся по нраву немецким оперным театрам и публике. Вот уже вторая
постановка, после премьеры 2013 года в Маннгейме, на сей раз в Ольденбурге. Теплый
прием. Успех предопределен жанром литературной оперы, простотой драматургии и
доступностью музыкального языка. Все
слышно, все понятно. Кто сказал, что Достоевский способен лишить душевного
покоя? Нежная смесь Верди с Пиранделло как принцип оперного переложения романа
в оперу сочетается с рациональным смешением стилей от Римского-Корсакова до
Шостаковича. Особое вайнбергское – непрерывно красивая пряная аккордика вплоть
до откровенного ре мажора в духе Пуччини, мелодизм в оркестре и в вокальных
ансамблях, узнаваемые лейтмотивы персонажей и ситуаций – все это в совокупности
льстит и ласкает. Теневая сторона этого метода также типична для литературной
оперы как жанра: музыка удваивает сцену, комментарий не противоречит, не
контрапунктирует, не спорит, не создает многослойности.
Бездонная глубина
романа адаптируется до уровня выяснения отношений между более и менее
симпатичными персонажами. От Достоевского до мыльной оперы за три часа? Вагнеру
можно, почему нельзя Вайнбергу?
Постановка
(Андреа Швальбах) выдержана в духе режиссерского театра – ни секунды без
пантомимы, сценических событий и экивоков. Ну как тут вслушиваться в краткие
емкие интерлюдии, если покой не предусмотрен? Персонажи прописаны отчетливо,
они не развиваются ни в музыке, ни на сцене, но зато отличимы и узнаваемы.
Менее внятна перегруженная сценография спектакля (Анне Нойзер), аксессуары и
костюмы решены прагматично, но не блестяще. Певцы прекрасно справились с
премьерным волнением и проявили себя более уверенно во второй половине
постановки. Наиболее успешны Зураб Зурабишвили (Мышкин), Ирина Окнина (Настасья
Филипповна). Оркестр под управлением Вито Кристофаро эффектно сопровождает драму
чувств.
Опера кончается
словами князя Мышкина «Мне зябко». Ни единого, хотя бы даже и стыдливого намека
на душевную болезнь, не говоря уже о психиатрических тюрьмах. Для 1986 года,
когда Вайнберг работал над оперой, можно ли считать это смелым переосмыслением
Достоевского? Навряд ли. Идиот, который все и всех понимает, и на этом не
сходит с ума? Шнитке («Жизнь с идиотом»), Каретников («Тиль Уленшпигель») шли
дальше, были неудобнее.
Ольденбургский
«Идиот» в идеальной акустике не лишит вас сна. Для любителей оперы в самый раз,
не правда ли?
[EDIT 19.3.2018] Diesmal durfte ich eine vorzügliche Übersetzung von Gerd Wiesner bekommen und sogar hier aufstellen. Ein Dankeschön an Gerd Wiesner dafür und an Karola Tauke für die Vermittlung!
Den Fürsten Myschkin fröstelt es in der Seifenoper
Jahrzehnte
lang hat man ihm keine Aufmerksamkeit geschenkt und jetzt soll Weinberg
Schostakowitsch in den Schatten stellen. Das Pendel des Nachruhms schwingt hin
und her. Aber noch nicht in Russland.
„Der Idiot“
von Mieczyslaw Weinberg gefiel den deutschen Operntheatern und dem Publikum.
Schon gab es eine zweite Inszenierung nach der Premiere 2013 in Mannheim, aber
diesmal in Oldenburg. Ein warmer Empfang. Der Erfolg war prädestiniert durch
das Genre der literarischen Oper, durch die Einfachheit der Dramaturgie und die
Zugänglichkeit der musikalischen Sprache. Alles hörbar, alles verständlich. Wer
hat gesagt, dass Dostojewski fähig sei, einem die Seelenruhe zu nehmen? Die angenehme Mischung von Verdi und
Pirandello als Prinzip der Umgestaltung eines Romans zu einer Oper verbindet
sich mit einer rationalen Mischung der Stile von Rimski-Korsakow bis Schostakowitsch.
Die besondere Weinbergsche Art - die
durchgehend schönen und sinnlichen Akkorde bis zu einem offenen D-Dur wie bei
Puccini, melodische Reichtümer im Orchester und in den Gesangsensembles, die
erkennbaren Leitmotive der Gestalten und Situationen – das alles insgesamt
schmeichelt und streichelt. Die Schattenseite dieser Methode ist ebenfalls
typisch für die literarische Oper als Genre: die Musik verdoppelt die Scene,
der Kommentar widerspricht nicht, konterkariert nicht, streitet nicht, schafft
keine Vielschichtigkeit.
Die
abgrundhafte Tiefe des Romans wird angepasst an das Niveau der Beziehungen
zwischen mehr oder weniger sympathischen Gestalten. Von Dostojewski zur
Seifenoper in drei Stunden? Wagner kann das, warum nicht auch Weinberg?
Die
Inszenierung (Andrea Schwalbach) ist ausgerichtet im Sinne des Regietheaters –
nicht eine Sekunde ohne Pantomime, szenische Ereignisse und Zweideutigkeiten.
Wie aber kann man sich hier hineinhören in kurze, viel umfassende Interludien,
wenn keine Ruhepause vorgesehen ist? Die Personen sind deutlich beschrieben,
sie entwickeln sich weder in der Musik noch auf der Szene, aber dafür sind sie
unterscheidbar und erkennbar. Weniger bemerkbar ist die überlastete Bühnengestaltung
der Aufführung (Anne Noiser); die Requisiten und Kostüme sind pragmatisch
gestaltet, aber nicht glänzend. Die Sänger kamen hervorragend mit der
Premierenaufregung zurecht und präsentierten sich noch überzeugender während
der zweiten Hälfte der Aufführung. Am erfolgreichsten sind Surab Surabischwili
(Myschkin), Irina Oknina (Nastasja Filipowna). Das Orchester unter der Leitung
von Vito Christofaro begleitet das Gefühlsdrama effektvoll.
Die Oper
endet mit den Worten des Fürsten Myschkin „Mich fröstelt“. Nicht ein einziger,
wenn auch nur verschämter Hinweis auf das seelische Leiden, von psychiatrischen
Gefängnissen (Anstalten) gar nicht zu reden. Kann man das für das Jahr 1986,
als Weinberg an der Oper arbeitete, als eine kühne Umdeutung Dostojewskis
verstehen? Wohl kaum. Ein Idiot, der alle und alles versteht, und davon nicht
den Verstand verliert? Schnittke („Das Leben mit dem Idioten“) und Karetnikow
(„Til Ulenspiegel“) gingen weiter, waren unbequemer. Der Oldenburger „Idiot“ in
seiner idealen Akustik wird Sie nicht des Schlafes berauben. Für Sie als
Liebhaber der Oper genau das Richtige, nicht wahr?