In der "Zeit" gratuliert Jürgen Habermas seinem jüngeren Kollegen Axel Honneth zum 60.Geburtstag (Link). Besondere Begeisterung gilt dem "Resetting: Honneth tut den historischen Schritt von Marx zu Hegel zurück, um das Programm »von Hegel zu Marx« neu einzustellen." Das ist ja ein heiß zu erwartender Fortschritt! Habermas beschreibt die Erfolge Honneths, die darin bestehen, Grundprinzipien der menschlichen Beziehungen in die philosophische Sprache übersetzt zu haben, wobei die größte Bedeutung der "Anerkennung" gilt.
Am Ende des Artikels stellt Habermas fest:
Es fehlen beispielsweise nicht nur die aufspießenden Begriffe, um die Obszönität der jetzigen Krise anzuzeigen, sondern auch die denunzierenden Worte, um die tonlos eingewöhnten sozialen Verwerfungen blitzartig zu beleuchten.
Ich befürchte meinerseits, dass sich diese kaum auf dem Wege eines "Resetting" finden lassen. Die Philosophie alleine war nie imstande, die Realität "über die Köpfe der Betroffenen hinweg zu bestimmen, was ihnen wehtut, was mithin als Symptom gesellschaftlich entstellter Verhältnisse gelten kann," wie Habermas im Artikel zugibt. Er betont das sogar noch mehr:
Allerdings hat der Blick auf manifeste Widerstände eine begrenzte Reichweite. An Gesellschaften, in denen halbwegs stabile Verhältnisse herrschen, prallt er ab – auch wenn die soziale Ungleichheit wächst, Armut und Marginalisierung zunehmen, sensible Lebensbereiche den Imperativen des Marktes und der Bürokratie unterworfen werden, die Innenstädte veröden, die staatlich alimentierten Güter verknappen und die Infrastruktur der öffentlichen Meinungsbildung zerfällt.
Der Weg von Hegel führt unweigerlich zu Marx. Das sagt die Geschichte, die wir nicht noch einmal herausfordern sollten. Warum erwähnt Habermas in seinem Programm für Honneth nicht die skeptische Philosophie außerhalb der Frankfurter Schule - die von Odo Marquard?
Sind wir weiterhin im Glasperlenspiel? Erwarten wir von Philosophen die Lösung der gesellschaftlichen Probleme? Haben wir die Wahl zwischen dem Marxismus und der formalen Logik, sonst nichts? Habermas denkt sich manches:
Darin lässt sich auch der riskante Versuch einer formalen Ethik wiedererkennen. Ein neues sozialethisches Vokabular soll den Beschreibungen der komplexen Gegenwartsgesellschaft wieder die kulturkritische Kraft verleihen, die nach Adorno im plappernden Tiefsinn versickert ist.
Träumt er? Was war da zuerst - Begrifflichkeit einer philosophischen Schule oder die Realität? Warum dann nur "Kulturkritk"? Hmm...
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